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Pressestimmen

Peter Maier - der Sicherheitspapst

Peter Maier - der Sicherheitspapst

Von Thomas Suter 

Er stand neben dem Sauber C1 in der ersten Reihe, fuhr erfolgreich am Berg und auf der Rundstrecke und konstruierte seinen eigenen Rennwagen. Eine Karriere als Rennsport-Ausbildner gab’s neben der Führung der eigenen Garage noch dazu. Er stand neben dem Sauber C1 in der ersten Reihe, fuhr erfolgreich am Berg und auf der Rundstrecke und konstruierte seinen eigenen Rennwagen. Eine Karriere als Rennsport-Ausbildner gab’s neben der Führung der eigenen Garage noch dazu.


Winterthur – im letzten Jahrhundert industrielles Epizentrum der
schweizerischen Schwerindustrie. Firmen mit einer globalen Ausstrahlung
– Sulzer, SLS, Rieter – belieferten den Weltmarkt mit Dampfturbinen,
Lokomotiven, Dieselmotoren, Spinnereimaschinen. Produkte von Weltruf
verliessen die Fabrikationshallen. Aber nicht nur hochwertige Industrieprodukte
wurden in Winterthur hergestellt: Im Aussenquartier Wülfl ingen
entstand Ende der Sechzigerjahre in einem Garagenbetrieb ein erfolgreicher
Rennsportwagen, ganz nach dem Vorbild der aktuellen und dominanten
McLaren-CanAm-Rennwagen. Von einem 1150ccm-NSU-Motor befeuert,
hatte der offene Sportwagen nicht ganz die Leistungsdaten seines Vorbildes,
der einen 7-Liter-Chevrolet-V8 mit über 600 PS eingebaut hatte. Noch etwas
verband diesen Sportwagen mit dem McLaren M8: Der wurde nämlich vom
Winterthurer Renningenieur Jo Marquart konstruiert. Der Vater des etwas
kleineren Rennwagens war Peter Maier, ebenfalls Winterthurer, Garagist,
Rennwagenkonstrukteur und Rennfahrer. Und lachend bemerkte er gleich:
«Der wunderschöne McLaren diente uns natürlich als optisches Vorbild».

Handwerkliche Tätigkeiten wurden Maier quasi in die Wiege gelegt. «Ich kam
während meiner Schulzeit nie mit sauberen Händen ins Klassenzimmer»,
schmunzelt er. Beim Grossvater und Vater lernte er feilen, drehen, schweissen,
härten – einfach alles, was einen Fachmann schliesslich auszeichnet.
Und die vorgesehene Ausbildung an der damaligen Metallarbeiterschule in
Winterthur wurde kurzfristig anderen Plänen geopfert. «Ich hatte mir ein
beachtliches handwerkliches Können bereits während meiner Schulzeit angeeignet,
deshalb beschloss ich, die Handelsmittelschule am Technikum in
Winterthur zu besuchen», blickt er zurück. Gleich nach seiner Schulzeit trat
Peter Maier in den elterlichen Betrieb ein, ein mit der Generalvertretung
für NSU-Motorräder für die Ostschweiz und das Tessin florierender Betrieb.
Es kamen dann die NSU-Automobile dazu, Ende der Sechzigerjahre ergänzte die
Übernahme der Alfa-Romeo-Vertretung die Firma: «Und irgendwann mussten
wir uns nach der Übernahme von NSU durch Audi entscheiden, mit welcher
Marke wir weiterfahren sollten – wir entschieden uns für Alfa Romeo».
Rennsportkarriere im Tourenwagen
Seine Rennfahrerkarriere begann Maier 1960 in Arosa mit einem Schnee-Slalom,
lizenzfrei, und, wie es sich für jemanden gehört, dessen Elternhaus die Vertretung
hatte, natürlich mit einem NSU. Gepackt vom Rennsportvirus folgten die
damals für einen Schweizer logischen weiteren Schritte: Ausbildungskurs in
Monthléry, Slaloms, Bergrennen und ab und an auch mal ein Rundstreckenrennen.
Interessant für ihn war immer das Gesamtpaket. «Nur Rennfahrer zu sein
hätte nicht meinen Vorstellungen entsprochen. Mich faszinierte die Präparation,
die Vorbereitung des Rennwagens, ebenso wie die Organisation für die Rennteilnahme.
Das Fahren war dann jeweils das ‹Sahnehäubchen› obendrauf». Und das
Fahren, wie er es nennt, beherrschte er magistral. In seiner erfolgreichsten Saison
1968 pilotierte er seinen NSU TT bei 15 Rennen nicht weniger als 13 mal auf
den ersten Platz. «Zweimal gab’s einen kleinen Flurschaden, nichts Schlimmes
zwar, aber die Wertungspunkte waren weg», erinnert er sich.
Einen Höhepunkt seiner Karriere sieht er mit dem Rennen zur Bergeuropa-
Meisterschaft von Sierre nach Montana. Dort belegte er 1968 mit seinem
NSU TT hinter den beiden Werksporsche von Gerhard Mitter und Rolf Stommelen
und dem privaten Porsche von Sigi Lang den vierten (!) Platz im Gesamtklassement.
«Im Ziel gab’s einige verblüffte Gesichter, weil ich so weit
vorne in der Rangliste auftauchte. Mein Auto war aber top-präpariert, wog
knapp 500 Kilos und hatte über 120 PS» analysiert er dieses Resultat.

Der eigene Rennsportwagen
Nach seinen Tourenwagen-Einsätzen mit dem NSU TT hatte Maier die Idee,
für die Saison 1969 einen eigenen, offenen Rennsportwagen zu bauen. Im
Gegensatz zum Vorbild, dem CanAm-McLaren, der bereits in Monocoque-
Bauweise konstruiert war, hatte Maiers Rennwagen ein konventionelles
Rohrrahmenchassis. «Der rennbegeisterte Bildhauer Romano Fenaroli, ein
guter Bekannter, machte den Formel 3 Brabham von Manfred Mohr ausfindig.
Für das Rolling-Chassis musste ich 5‘000 Franken berappen – ich erinnere
mich an den Betrag, wie wenn es gestern gewesen wäre», schildert Maier.
Das Brabham-Chassis wurde aufgeschnitten, die Cockpitzone verbreitert und
alles wieder zusammengeschweisst. Innerhalb von nur gerade vier Monaten
Bauzeit entstand so ein neuer Rennsportwagen. «Zusammen mit meinem
Mechaniker Bruno Huber arbeiteten wir in unserer Freizeit und an den Wochenenden
am Rennwagen. Chassis, die Carrosserie und die Anpassungen
für den NSU-Motor erledigten wir alles in Eigenregie. Für mich war klar, dass
ich nicht den in der Formel 3 üblichen Ford-Motor verwenden würde. Das
NSU-Triebwerk war viel moderner und leistungsfähiger», führt Maier aus.
Nur: Im NSU TT war der Motor quer eingebaut, im Sportwagen musste er
längs eingebaut werden, sonst hätte die Hinterachse zusammen mit dem
Hewland-Getriebe nicht mehr funktioniert. «Das hat uns einiges Kopfzerbrechen
bereitet –aber wir haben auch dieses Problem gelöst», meinte Maier.
In den Saisons 1969 und 1970 setzte der Winterthurer seinen Sportwagen recht
erfolgreich ein – Ende 1970 war dann Schluss: Maier heiratete im Juni 1971
und übernahm im Jahr darauf den elterlichen Betrieb. «Der Rennsport war damals
viel zu gefährlich, als dass ich mich als junger Familienvater diesem Risiko
aussetzen wollte», erklärt er. Ausserdem war er auf der geschäftlichen Seite
gefordert und im Rennsport unterstützte er den Nachwuchs.

Sicherheitspapst
Seit Ende der Sechzigerjahre hatte er eine Funktion, die ihn bis heute begleitet.
Für den SAR (Schweizerischer Autorenn¬sportclub) organisierte er praktisch
im Alleingang den Meisterschaftslauf in Oberhallau, dann folgte jahrelang
die Organisation von Ausbildungskursen in Hockenheim, Le Castellet und
Imola und Polizeikurse in Dübendorf und Payerne. Damit nicht genug: Maier
war auch einer der Väter der Zürcher Rennwagenshow, die heute unter
dem Label «Auto-Zürich» firmiert.
«In meinem Archiv lagern immer noch rund 250 SAR-Ordner mit Unterlagen zu
diesen Ausbildungskursen. Das zeugt doch von ziemlich viel Arbeit», schmunzelt
er. Und dies kann nicht hoch genug angerechnet werden, denn es war
vorwiegend ehrenamtlicher Aufwand.

Auch heute noch sieht man den mittlerweile 82-Jährigen bei Ausbildungskursen
am Streckenrand. Die Schloss-Garage in Winterthur, in vierter Generation
von Christian Maier geführt, veranstaltet jedes Jahr auf dem Testgelände
von Alfa Romeo in Balocco ein zweitägiges Fahrsicherheitstraining für Alfisti.
«Da mitzuhelfen und den Anlass zu begleiten macht mir immer noch viel
Freude», erklärt er. Die Teilnehmer profitieren von den unzähligen Tipps. «Eigentlich
ist es einfach – alles basiert auf physikalischen Gesetzmässigkeiten.
Man sollte aber wissen, wie sie funktionieren und dass man sie nicht überlisten
kann», lautet sein Schlusswort. Er ist überzeugt, dass in den über 50
Jahren Sicherheitskursen unzählige Automobilistinnen und Automobilisten
profitieren und ihr Fahrkönnen verbessern konnten.